Bericht der Weinheimer Nachrichten zum Einsatz Haydenstraße am vergangen Mittwoch. Die Chronologie der Explosionen in Weinheim, die das Rhein Neckar Fernsehen zusammengesetllt hat, finden Sie über unseren Link. Weinheim/Viernheim: Mit erhobenen Händen verlässt Jürgen K gestern morgen um 10 Uhr ganz langsam das Haus. Der Nervenkrieg hat ein Ende. Doch bevor er aus der Tür kommt, entfernt er mehrere Stunden lang die vielen Sprengfallen, die er in dem Gebäude angebracht hatte. Über 24 Stunden verschanzte sich der selbstständige 44-jährige Gas- und Wasserinstallateur in seiner eigenen Wohnung in der Viernheimer Theodor-Heuss-Allee. Sein dunkelgrünes T-Shirt hat er hoch gezogen, um zu zeigen, dass er unbewaffnet ist. Ohne Widerstand lässt er sich von den Polizisten verhaften und abführen. "In dem Moment der Festnahme ist mir ein Stein vom Herzen gefallen", sagte der Viernheimer Bürgermeister Matthias Baaß gestern Nachmittag bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Wie zu erwarten, war das Medieninteresse im Viernheimer Rathaus groß. Erleichtert zeigte sich auch Harald Schneider. Der Einsatzleiter der Polizei erklärte, dass "die Taktik voll aufgegangen ist". Es wurde auf Zeit gespielt. Schon am frühen Mittwochabend habe der mutmaßliche Täter in Telefonaten mit der Polizei eingeräumt, sich am folgenden Morgen freiwillig zu stellen. Am Freitag vor dem Richter. "Versuchter Mord" in zwei Fällen und "Herbeiführen einer Explosion" in zwei Fällen. So wird die Anklage lauten, wenn der 44-Jährige "spätestens am Freitag dem Haftrichter vorgeführt wird", wie Ger Neuber von der Staatsanwaltschaft Darmstadt versicherte. Jürgen K. gab gegenüber der Polizei zu für die Sprengstoffanschläge in Viernheim als auch in der Weinheimer Haydnstraße verantwortlich zu sein. Als Tatmotiv vermuten die Beamten die Schulden und Zahlungsrückstände des geschiedenen Viernheimers. Am Mittwochmorgen hätte ein Gerichtsvollzieher kommen sollen. Gegen den Verdächtigen laufen zwei Vollstreckungsverfahren, bei denen es insgesamt um 250 Euro geht. Dies sei möglicherweise der Grund für die Verzweiflungstat, so Schneider. Einschlägige Vorstrafen: In den Jahren 1987 und 1991 wurde Jürgen K. nach Angaben von Harald Schneider bereits aktenkundig. Wegen zwei Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz wurde er damals zu einer Geld- und Bewährungsstrafe und einer Geldbuße verurteilt. Granate mit CS-Gas geworfen Wie ernst es Jürgen K. mit seinen Anschlägen meinte, zeigen die ersten Ermittlungen nach der Festnahme. Mittlerweile wurde vom Landeskriminalamt bestätigt, dass es sich bei dem Päckchen, das auf dem Balkon in der Haydnstraße 7 gefunden wurde, um ein Kilogramm TNT-Sprengstoff handelte. Scheinbar hatte der Verdächtige versucht, das TNT mit der Handgranate zur Detonation zu bringen. Welche Auswirkungen eine solche Explosion hätte haben können ist nicht bekannt. Zudem warf er nach der Explosion der ersten Handgranate eine weitere mit CS-Gas (Tränengas) ins Wohnungsinnere, wie Polizeiobermeister Siegfried Kollmar erklärte.  Die zerstörten Fenster des Weinheimer Hauses wurden von den Einsatzkräften mit Pressspanplatten provisorisch verschlossen. "Um alles Weitere kümmert sich nun die Tochter der Inhaber", erklärte Polizeisprecher Norbert Schätzle auf Anfrage unserer Zeitung. In Bezug auf die bisher gefundenen Vorräte an Sprengstoff und Lang- sowie Kurzwaffen in der Viernheimer Wohnung sagte Schneider: "Ich glaube, dass von dem Haus nicht mehr viel übrig geblieben wäre, wenn es eine Explosion gegeben hätte."  Wo der als "Militärfan" bekannte Verdächtige die Waffen und den Sprengstoff her hatte, darüber kann die Polizei nur mutmaßen. In den 90er Jahren arbeitete Jürgen K. als Wachmann in einem Munitionslager der US-Army. Dort könnte er einen Teil seines Arsenals angelegt haben. Einen Waffenschein besitzt er allerdings nicht.  Ob die Telefonate abgehört wurden, die der Verdächtige führte, während er sich verschanzte, wollte die Polizei aus "ermittlungstaktischen Gründen" nicht bekannt geben. Schwere Bedingungen: Noch immer können die Polizisten nicht in alle Teile der Wohnung von Jürgen K. vordringen. Zu viele Sprengfallen lagern noch dort. Und das, obwohl der mutmaßliche Täter mit den Bombenexperten zusammenarbeitete und sie über Art und Substanz der Sprengkörper informierte. Daher werden die etwa 100 Anwohner, deren Häuser in Viernheim geräumt wurden, erst heute wieder in ihre Wohnungen zurückkehren können. Mitarbeiter von Polizei und Staatsanwaltschaft gaben gestern eine Pressekonferenz zur Ergreifung des Attentäters "Jürgen K.". Den Einsatz leitete Harald Schneider (2. von rechts). Artikel Weinheimer Nachrichten vom 21.08.2009 geschrieben von Redaktionsmitglied Alexander Zimmermann /Bild: Kopetzky.