Notfallseelsorge'Wir versuchen, eine Art erste Hilfe für die Seele zu leisten': 37 Mitarbeiter der 'Psychosozialen Notfallversorgung' kümmern sich im Rhein-Neckar-Kreis und in Heidelberg unmittelbar und direkt vor Ort nach schweren Unfällen traumatisierte Menschen. Sie sind 365 Tage im Jahr erreichbar - und zwar 24 Stunden am Tag. Die Mitarbeiter des Feuerwehr-Seelsorge-Teams Rhein-Neckar sind rund um die Uhr in Bereitschaft und immer da, wenn sie gerufen werden: Zur Betreuung von Menschen, die - oftmals unverschuldet und aus heiterem Himmel heraus - in schwere Unfälle oder Katastrophen verwickelt wurden und nicht mehr ein und aus wissen. So jetzt auch bei dem tragischen Unglück auf der A 5 zwischen Weinheim und Hemsbach, bei dem in der Nacht zum Samstag ein junger Mann in offensichtlich selbstmörderischer Ansicht mitten auf die Autobahn lief und gleich von mehreren Fahrzeugen überrollt wurde.


Von 2 Uhr morgens bis gegen 7 Uhr waren nach dem Unfall sechs Notfallseelsorger direkt am Einsatzort und betreuten die insgesamt zwölf Personen, die - allesamt unverschuldet - in den Unfall verwickelt waren, bei dem der 20-Jährige auf die Fahrbahn gelaufen war. Sowohl für die Unfallbeteiligten als auch für die Einsatzkräfte vor Ort sei das Geschehene "absolut unfassbar und vollkommen unbegreiflich" gewesen, schildert Thomas Eisermann, Teamleiter der "Psychosozialen Notfallversorgung" (PSNV), wie die Notfall-Seelsorge offiziell heißt. Zum weiteren psychischen Zustand der Beteiligten, die glücklicherweise zumindest körperlich unversehrt blieben, sowie zu dem, was sie zum Geschehen zu sagen hatten und wie man konkret versuchte, ihnen zu helfen, mag der Hockenheimer Pastoral-Referent nichts ausführen: "Das können und wollen wir auch nicht, schon aus Rücksicht und Fürsorge für die Betroffenen."


Die PSNV hat nach Eisermanns Worten derzeit 37 Mitglieder: Seelsorger der beiden Kirchen, Ärzte, Psychologen und Angehörige der Feuerwehren und Rettungsdienste. Das Team ist Bestandteil der so genannten Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) im Rhein-Neckar-Kreis und der Stadt Heidelberg; die meisten Mitarbeiter absolvieren diesen Dienst auf freiwilliger Basis. Ähnlich wie die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren tragen sie stets einen Funkmeldeempfänger bei sich und sind so immer erreichbar, sobald ein Feuerwehr- oder Rettungskraft-Einsatzleiter an einer Unglücksstelle feststellt, dass für Opfer oder Beteiligte seelsorgerische Betreuung nötig ist, und sie alarmiert.


"Was wir versuchen zu leisten, ist eine Art erste Hilfe für die Seele", schildert der Team-Leiter: Für primär von Unglücksfällen betroffene Personen, also Opfer und Verletzte, aber auch für sekundär Betroffene wie Zeugen, Angehörige, aber auch die Einsatzkräfte, die das, was sie an mancher Unfallstelle erblicken müssen, bei aller Routine immer wieder nur schwer verarbeiten. Zudem sind die PSNV-Mitarbeiter auch dabei, wenn Angehörigen von Verunglückten die Nachricht vom schrecklichen Geschehen überbracht werden muss.


Dass es auch für die Mitarbeiter seines Teams selbst alles andere als einfach ist, diese Arbeit zu leisten, erwähnt Thomas Eisermann am Rande: "Was wir erleben, das bleibt natürlich nicht in den Kleidern stecken." Auch deshalb werden im Team regelmäßig so genannte Supervisionen angeboten, bei denen dann die Seelsorger, die draußen auf den Straßen Erste Hilfe leisten, selbst von Fachleuten eingehende Betreuung erhalten.

Info: Mehr zum Feuerwehr-Seelsorge-Team Rhein-Neckar


Quelle Rhein Neckar Zeitung vom 03. Januar 2011 / Peter Wiest