Realbrandversuche SaukopftunnelWenn die Brenner auf Hochtouren laufen, erfüllt ein Dröhnen den Tunnel, der Boden vibriert. Dann kommt der Rauch. Auch wenn es nur eine Übung ist: Das Gehirn signalisiert Gefahr, der Rauch wird dichter, leichte Panik kommt auf. Die Sicherheitssysteme laufen an, der Rauch zieht ab. „Im Ernstfall stehen die Chancen gut, dass sich die Leute retten können“, stellt Axel Bassler fest. Er ist der Herr der Lüftungsanlage im Saukopftunnel. Und er ist zufrieden. Sebastian Kemper gibt Gas. Er zieht den Regler noch etwas höher, die Gasbrenner reagieren sofort. Flammen umgeben den ausrangierten Kombi auf dem Anhänger, ungiftiger Rauch macht das Szenario komplett. In den ersten Versuchsminuten jagt der „Feuer-DJ“ Energie durch den Tunnel, mit der ein Jahr lang ein Einfamilienhaus geheizt werden könnte. Am Ende des Tages kommen noch 249 Häuser dazu. Es wird ein Autobrand angenommen, der binnen kurzer Zeit den Tunnel verrauchen und für viele Menschen in der Röhre das Todesurteil bedeuten würde. Wären da nicht die vielen Sicherheitssysteme, von den Leuchten und Schildern über ein ausgefeiltes Alarmierungssystem und eine hoch komplizierte Abluftanlage. Letztere arbeitet an diesem Morgen gut 600 Meter vom westlichen Tunnelportal entfernt auf Hochtouren, schneidet dem Rauch regelrecht den Weg ab und sorgt dafür, dass binnen kürzester Zeit wieder klare Sicht und gute Luft herrscht. Im Ernstfall wäre dies entscheidend. Ein „gutes Gefühl“ Es ist eine aufwändige Testreihe, die an diesem Tag gestartet wird. „Anders kann man die Anlage nicht testen“, sagt Bernd Konrath, der Leiter des Versuchs. Und Projektleiter Frank Primbs vom Regierungspräsidium Karlsruhe ergänzt: „Nur so kann die Sicherheit im Tunnel gewährleistet werden.“ Das war auch der Grund, warum der Tunnel bereits drei Tage früher als angekündigt gesperrt wurde. Beim Einbau neuer Anlagesysteme und der Softwareprogrammierung kam es zu Problemen, die aber mit Blick auf die Übung aus dem Weg geräumt waren. Entsprechend gut gelaunt ist Axel Bassler. Er ist für die hoch komplizierte Abluftanlage zuständig, die unter anderem mit Sensoren arbeitet, die Kohlendioxid oder auch die Sichttrübe erfassen. Und er hat „ein gutes Gefühl. Alles funktioniert, alle Sicherheitsstandards sind erfüllt“, stellt er nüchtern fest. Das gilt auch für den neuen, parallel zum Saukopftunnel verlaufenden Rettungsstollen. Er ist insgesamt zehn Mal mit der Hauptröhre verbunden, Rauch ist nicht eingedrungen.

Feuerwehren schauen zu

Technisch ist der Saukopftunnel auf dem neuesten Stand, „hier haben wir das Ende der Fahnenstange erreicht“, ist sich Bernd Konrath sicher. Er ist während des Tests mit einem Elektroroller unterwegs, steigt irgendwann ab und rennt von einer Stelle zur anderen. Windmesser und Kameras zeichnen fast jede Bewegung auf, er selbst überzeugt sich beispielsweise direkt unter der Abluftklappe von der Kraft des Sogs. Mit hoher Geschwindigkeit verzieht sich der Rauch und mit ihm der Ingenieur, der schon wieder in Richtung Westportal unterwegs ist. Auf dem Weg dorthin kommt er an vielen Feuerwehrleuten vorbei. Sie kommen aus Birkenau, Weinheim, Hornbach sowie Nieder-Liebersbach und schauen sich den simulierten Ernstfall an. Spätestens jetzt wissen sie, was im Falle eines Pkw-Brands im Saukopftunnel auf sie zukommt. Überall an den Seiten des Tunnels leuchten die Begrenzungen, Schilder kündigen den kürzesten Fluchtweg an. Es wirkt alles souverän. Doch für einen Moment, als Sebastian Kemper noch einmal alles gibt, breitet sich der Rauch rasend schnell aus. An diesem Morgen sind alle darauf vorbereitet, doch der Ernstfall würde überraschend kommen. Dann geht es um Sekunden, was in den Augen von Axel Bassler entscheidend ist. „Das richtige Verhalten im Notfall ist ein riesiges Thema, das auch in den Fahrschulen ein viel größeres Gewicht bekommen müsste“, ist er sich sicher. Bernd Konrath bringt es ganz einfach auf den Punkt: „Du kannst technisch gesehen auf einem noch so hohen Stand sein. Das alles bringt aber nichts, wenn die Leute nicht wissen, wie sie reagieren sollen.“ Sein Tipp im Ernstfall: „Anhalten, aus dem Auto raus und sofort die Fluchtwege nutzen.“

Bildergalerie Fotogruppe Mirko Schöbel

Artikel Weinheimer Nachrichten vom: 26.11.2012 / Sandro Furlan