„Wir sind mehr als rotes Auto und Blaulicht“ Im Gespräch: Ralf Mittelbach, Kommandant der Feuerwehr Weinheim, Abteilung Stadt, über eine Leistungsgruppe, den Zusammenhalt und eine neue Kinderfeuerwehr

Weinheim. Im Februar wurde Ralf Mittelbach zum neuen Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr Weinheim, Abteilung Stadt, gewählt. Schon damals wurde klar, dass sich in der Abteilung einige Veränderungen anbahnen würden. Unter anderem wurde die Bedeutung einer Kinderfeuerwehr hervorgehoben. Was sich inzwischen verändert hat und vor welchen Herausforderungen die Feuerwehr auch mit Blick auf die demografische Entwicklung steht, erklärt Abteilungskommandant Ralf Mittelbach in nachfolgendem Gespräch:

In diesen Tagen wird gerne gegrillt. Womit muss ein Gastgeber rechnen, wenn er Sie einlädt?

Ralf Mittelbach: Mein Freundeskreis ist es inzwischen gewohnt, dass bei mir der Piepser immer an ist und ich jeden Moment zu einem Einsatz gerufen werden kann.


Auch wenn Sie Urlaub haben?


Mittelbach: Na ja, man kann die Alarme mit der Zeit schon einschätzen. Aber wenn während des Urlaubs was Gravierendes passiert und ich im Lande bin, bin ich zur Stelle. Als Feuerwehrmann ist man immer im Dienst.


Gleich nach Ihrer Wahl zum Abteilungskommandanten haben Sie betont, wie wichtig es ist, dass die Aufgaben auf viele Schultern verteilt werden. Ist das inzwischen passiert?


Mittelbach: Zum ersten Mal in der Geschichte der Abteilung Stadt haben wir zwei Stellvertreter. Rolf Tilger hat den Schwerpunkt Einsatz und Technik, Thomas Keller den Bereich Ausbildung übernommen. Ich konzentriere mich auf die Verwaltungsaufgaben.


Und wie entwickeln sich die Einsatzzahlen?


Mittelbach: Wir hatten im ersten Halbjahr schon über 400 Einsätze. Das ist eine Menge. Um so erfreuter bin ich, dass zu unserem Kommando auch vier Zugführer mit klarer Aufgabenverteilung gehören. Klaus Neitzel ist für Brand, Marco Schneider für Technische Hilfe, Michael Seehaus für Gefahrgut und Thomas Pohland für Organisation zuständig. Wir sind wirklich gut aufgestellt.


Auf Öffentlichkeitsarbeit haben Sie schon in der Vergangenheit viel Wert gelegt. Hat sich das auch auf ihre Kommandanten-Tätigkeit übertragen?


Mittelbach: Auf jeden Fall. Ich halte Informationsfluss zwischen den einzelnen Bereichen unserer Abteilung für enorm wichtig. Jede stellt ein Zahnrad dar, das in das andere greifen muss. Die Feuerwehr ist mehr als das rote Auto mit Blaulicht. Das versuche ich zu vermitteln und zu leben.


Wie geht das?


Mittelbach: Indem man beispielsweise die Partner der Feuerwehrangehörigen stärker einbindet und beteiligt. Sie müssen häufig auf ihre Partner verzichten. Sie sollten wissen, was die da tun, wenn sie plötzlich zum Einsatz müssen. Deshalb haben wir eine neue Gruppe von Unterstützerinnen gebildet.


Wie wichtig sind soziale Netzwerke im Internet?


Mittelbach: Wenn man bedenkt, dass wir durch Facebook vier neue Mitglieder, darunter auch Aktive, gewinnen konnten, kann man die Bedeutung ermessen. Die neuen Informationsformen sind direkt und schnell, genau wie man es bei der Feuerwehr mag.


Sie haben als den Gemeinschaftssinn stärker betont.


Mittelbach: Ja. Dazu gehört auch ein Tagesausflug oder sogar ein Tanzkurs, und den Kontakt zur Altersabteilung habe ich außerdem gesucht. Man kann von den Berichten der alten Kameraden auch viel lernen. Wie gesagt: Feuerwehr ist für mich auch ein bisschen Familie. Das ist Gemeinschaft, geprägt vom Willen, anderen zu helfen.


Hört sich gut an. Und wie sieht es mit der Leistungsfähigkeit aus?


Mittelbach: Unsere Aktiven sind gut geschult. Inzwischen hat sich auch eine Leistungsabzeichen-Gruppe gebildet. Rund 20 Kameraden üben da Sonntags einen Löschangriff auf Zeit. Und manchmal unternimmt man anschließend noch gemeinsam etwas mit Familie oder Partnern.


Stadtbrandmeister Reinhold Albrecht hat sich für eine Kinderfeuerwehr stark gemacht, Feuerwehrdezernent Dr. Torsten Fetzner gleich eine Geldspende dafür zugesagt. Trotzdem reagierten Sie skeptisch. Warum?


Mittelbach: Zum damaligen Zeitpunkt waren noch mehr Fragen offen als geklärt. Es ist nicht nur mit einer Geldspende getan, wenn man eine Kinderfeuerwehr gründet. Sie braucht einen eigenen Raum, qualifizierte Betreuung und sie wirkt sich auf das Gesamtgefüge aus. Zu den vielen Einsätzen und Aufgaben kommt eine weitere hinzu.


Also lieber keine Kinderfeuerwehr?


Mittelbach: Ganz im Gegenteil. Ich halte sie für wichtig und sinnvoll, aber nur, wenn der Rahmen stimmt.


Stimmt er inzwischen?


Mittelbach: Ja, wir werden noch dieses Jahr einsteigen. Die ersten zehn Anmeldungen liegen schon vor. Drei unserer Leute sind auf spezielle Lehrgänge gegangen, und Kerstin Baumann wird die Kinderfeuerwehr leiten. Sie war Stadtjugendfeuerwehrwartin und ist selbst Mutter. Das ist ideal.


Die Menschen werden älter. Stichwort „demografischer Wandel“. Macht er Ihnen Sorgen?


Mittelbach: Einsätze, die durch Notfälle im Seniorenbereich entstanden sind, nehmen deutlich zu. Wir können uns heute noch gar nicht vorstellen, was da auf uns zukommen wird. Menschen in hilflosen Lagen, Verkehrsunfälle, die altersbedingt entstehen – ein breites Themenfeld. Deshalb denken wir weit voraus: bis 2033 müssen wir unsere Einsatzstärke von 90 Aktiven halten. Das wird eine Herausforderung. Aber wir nehmen sie an.

Quelle: Weinheimer Nachrichten vom 06.08.2013